Ein Seminar der ganz besonderen Art
35 Weißwurst-Interessierte aus der Gemeinde Otzing und sogar aus Zwiesel fanden sich nach dem Gottesdient, der von der JU Otzing mitgestaltet wurde, am Sonntag, 04.03.2018, im Pfarr- und Jugendheim Otzing ein. Roman Fischer, stellvertretender Landrat und Polizeihauptkommissar, erzählte wie er zu seinem Hobby als Weißwurstgelehrter kam. Als „Preißn“ zu Besuch waren und mehr über die bayerische Kultur wissen wollten und so auch über die Weißwurst, beschloss er, ein Seminar zur Geschichte und zu den Verzehrtechniken der bayerischen Delikatesse zu gestalten. So wurde daraus das „Plattlinger Weißwurstseminar“.
Zur Entstehung der Weißwurst gibt es zwei Legenden. Die eine Legende besagt, dass die Weißwurst 1857 im Gasthaus „Zum ewigen Licht“ in München entstanden ist, als der Wirt beim „Doniesl“ für die Gäste, die vom Faschingsball eintrafen, schnell etwas zu essen brauchte. Die zweite Legende nennt die Franzosen im 14. Jahrhundert als Erfinder der Weißwurst. Dort entstand sie per Zufall, als ein junges Mädchen für ihren Ehemann etwas kochen sollte, aber nicht sehr begabt darin war.
Erstaunlicherweise wurde das erste Rezept zur Münchner Weißwurst erst im Jahr 1972 schriftlich festgehalten, als viele Touristen zu den Olympischen Spielen zu Gast kamen.
Für die Weißwurst sollte überwiegend Kalb verwendet werden, gedreht wird sie in einem Schweinedarm. Zum Fleisch wird unter anderem Eis dazu gemischt, welches früher auf Gerüsten hergestellt wurde. Fälschlicherweise wird hier oft vermutet, dass der süße Senf von Luise Händlmaier dazu serviert werden sollte, im Original ist aber der süße Senf von Johann Conrad Develey.
Auch die Legende, dass die Weißwurst das „12 Uhr Läuten“ nicht hören darf, stimmt nicht ganz: früher war es „11 Uhr Läuten“, da die Weißwurst ungekühlt und wegen dem unreinen Eis nicht lange haltbar war und schnell verdarb. Deswegen musste sie zum Mittagstisch (früher oft um 11 Uhr) spätestens verzehrt werden. Heute gilt das im Zeitalter der Kühlung selbstverständlich nicht mehr.
Herr Fischer nannte vier wichtige Komponenten, die bei einer Weißwurst wichtig sind: Aussehen, Konsistenz, Geruch und natürlich der Geschmack. Nur wenn alle vier Komponenten perfekt sind, ist auch die Weißwurst perfekt.
Beim Verzehr wurde den hungrigen Gästen fünf Techniken zum Verzehr einer Weißwurst vorgestellt: „Zuzeln“, was man nur bei einer schlechten Weißwurst machen musste, wo das Eiweiß zu früh geronnen ist. „Obhaindln“, wobei man die Wurst in der Mitte aufschneidet, die Haut mit den Fingern entfernt und dann isst. „Filetieren“, hier schneidet man die Wurst in der Mitte auf und schneidet dann Stücke aus der Haut. „Aussa Lupfa“, wo man der Wurst ein Stück abschneidet, mit dem Messer die Haut festhält und mit der Gabel dann die Weißwurst aus dem abgeschnittenen Stück zieht, und die Königsdisziplin „dem Kreuzschnitt“, wo man von der Wurst Dreiecke schneidet und diese Stück für Stück ablöst, die übrig gebliebene Haut bildet auf dem Teller ein Rautenmuster. Alle Techniken wurden von Gästen nach der Erklärung von Roman Fischer vorgeführt. Der Vorteil beim „Aussa Lupfa“ und dem „Kreuzschnitt“ ist, dass die Wurst in der Haut nicht auskühlt und man sich Zeit beim Genießen lassen kann.
Nach dem Vortrag legte Julia Griesbauer eine Prüfung ab, wo sie die gelernten Techniken unter dem strengen Blick von Roman Fischer zeigte. Die Prüfung meisterte sie mit Bravur. Im Anschluss hatten auch die anderen Gäste die Gelegenheit, die gelernten Techniken auszuprobieren. Bei gemütlichem Frühschoppen klang der sehr interessante Vormittag aus.