15.01.2021

Offene Fragen an Staatsministerin Melanie Huml

Warum nimmt man die Unternehmen in der Industrie nicht mehr in die Pflicht? Beispielsweise verpflichtende Schnelltests am Wochenanfang.
  • Antwort: Die Bayerische Teststrategie setzt auf den Dreiklang aus „Schutz, Sicherheit und Prävention“ und hat sich in den vergangenen Monaten gut bewährt. Das zeigt nicht zuletzt auch der Vergleich mit den Entwicklungen in anderen Staaten. Umfangreiche Testungen sind nach wie vor immens wichtig, um auch asymptomatische, aber gleichwohl infektiöse Personen möglichst frühzeitig zu ermitteln und so Infektionsketten zu unterbrechen. Mit seiner Teststrategie legt der Freistaat Bayern besonderes Augenmerk auf die Testungen für „Jedermann“, die es allen Bewohnern Bayerns ermöglicht, sich testen zu lassen. Gleichzeitig gilt ein erweitertes Testangebot für sogenannte kritische Infrastrukturen, wie beispielsweise Schulen, Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen, im Rahmen dessen der Freistaat die Kosten für zusätzliche Testungen übernimmt, die vom Öffentlichen Gesundheitsdienst veranlasst wurden. Für Unternehmen gilt grundsätzlich, dass der Arbeitgeber dafür zuständig ist, Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten bzw. eine Verbesserung anzustreben, indem er erforderliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände trifft (§2 ArbSchG). Aus diesem Grund obliegt es den Unternehmen selbst, ob sie eine regelmäßige Testung der Mitarbeiter anordnen. In diesem Fall sind die Testkosten vom Arbeitgeber zu übernehmen. Viele Arbeitgeber – gerade größere Unternehmen – haben hierfür schon Testkonzepte erarbeitet und führen diese aus. Die Mitarbeitenden haben im Rahmen der Jedermann-Testung der Bayerischen Teststrategie selbstverständlich die Möglichkeit, sich in einem lokalen Testzentrum oder bei den teilnehmenden Vertragsärzten testen zu lassen, wenn sie Bewohner Bayerns sind. Liegt ein gesteigertes Risiko für ein etwaiges Ausbruchsszenario vor, kann von den bayerischen Gesundheitsbehörden eine Reihentestung in Unternehmen oder Betrieben angeordnet werden (Anordnung nach § 25 IfSG). Die Reihentestungen erfolgen dann jedoch unabhängig vom kostenfreien Bayerischen Testangebot.
Wie teuer ist ein Immunglobulin-Test gegenüber einer Impfung? Wäre es nicht sinnvoller nicht alle, sondern nur „negative“ = noch gesunde zu Impfen?
  • Antwort:Beim Immunglobulin-Test handelt es sich um eine Antikörper-Testung, die der Freistaat Bayern momentan nicht im Rahmen seines Testangebots anbietet.Es ist davon auszugehen, dass Personen, die von einer SARS-CoV-2-Infektion oder COVID-19-Erkrankung genesen sind, zumindest vorübergehend über einen gewissen Schutz vor einer erneuten Erkrankung verfügen. Es liegen jedoch noch keine ausreichenden Daten über die Dauer und Qualität des Schutzes vor. Die STIKO sieht daher grundsätzlich die Notwendigkeit einer Auffrischungsimpfung auch nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion. Der geeignete Zeitpunkt hierfür kann jedoch noch nicht angegeben werden.Personen, die eine labordiagnostische gesicherte Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht haben, sollten vorerst nicht geimpft werden. So kann der Impfstoff für die Personen verwendet werden, die bisher weder eine Erkrankung durchgemacht haben, noch geimpft sind.Vor Verabreichung einer COVID-19-Impfung ist es jedoch nicht erforderlich, das Vorliegen einer akuten asymptomatischen oder unerkannt durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion labordiagnostisch auszuschließen, da es bisher keinen Hinweis darauf gibt, dass die Impfung nach unbemerkt durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion eine Gefährdung darstellt. Wird nach Verabreichung der 1. Impfstoffdosis eine SARS-CoV-2-Infektion labordiagnostisch gesichert (positive PCR), soll die 2. Impfung vorerst nicht gegeben werden.
Wird man bei einem Termin in den bayerischen Impfzentren von Ärzten geimpft oder womöglich nur Laien?
  • Antwort: Grundsätzlich sind Impfanamnese, Aufklärungsgespräch und Impfung Ärzten vorbehalten. Delegation (= Übertragung von bestimmten medizinischen Tätigkeiten auf nichtärztliches Personal unter Verantwortung des Arztes) ist im Einzelfall bzgl. Leistungen wie Injektionen, Infusionen und Blutentnahmen möglich. Der Arzt darf im Einzelfall qualifizierte, nichtärztliche Mitarbeiter mit solchen Tätigkeiten betrauen, sofern sein persönliches Tätigwerden nach Art und Schwere des Krankheitsbildes oder der Schwierigkeit der Maßnahme nicht erforderlich ist und der Assistent die erforderliche Qualifikation, Zuverlässigkeit und Erfahrung aufweist. Bei Impfungen ist daher (nur) der technische Vorgang der Impfung als solcher delegierbar, also das Verabreichen der Impfdosis per Spritze. Die Anamnese und das Aufklärungsgespräch muss der Arzt selbst durchführen. Im Vorfeld der Impfung ist der Patient umfassend über Risiken und Nutzen aufzuklären, um in die Impfung wirksam einwilligen zu können. Dazu gehören insbes. die Aufklärung über Kontraindikationen, die Dauer des Impfschutzes und mögliche Impfkomplikationen oder Impfreaktionen. Eine generelle Impfaufklärung kann auch über vorgefertigte Informationsmaterialien erfolgen, der Arzt muss aber vor der Impfung für Fragen zur Verfügung stehen und sich selbst davon überzeugen, dass der Patient die Aufklärung verstanden hat und eine Impfung im konkreten Fall indiziert ist. Bei der Delegation trägt der Arzt die Verantwortung für die gewissenhafte Auswahl des Assistenzpersonals und die ordnungsgemäße Durchführung der delegierten Maßnahme. Der Arzt hat die ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahmen stichprobenartig zu kontrollieren, abhängig von der Qualifikation, Erfahrung und Zuverlässigkeit der ausführenden Assistenzkraft. Der Arzt sollte (für den Fall von Komplikationen) während der Durchführung der Maßnahme erreichbar sein, um im Einzelfall selbst in das Behandlungsgeschehen eingreifen zu können. Im Rahmen dieser Verantwortung trifft den Arzt auch die Haftung für Behandlungsfehler, die dem Assistenzpersonal unterlaufen. Die Haftung kann sich dabei auf eine fahrlässig nicht erkannte fehlende Qualifikation des Assistenten beziehen oder auf die unzureichende Überwachung der Ausführung einer Maßnahme.Vor diesem Hintergrund ist eine Impfung durch Laien in jedem Fall ausgeschlossen.Im LGL findet man die Todeszahlen zu Covid-19. Hier ist auffällig, dass die Männer eine höhere Sterblichkeit als die Frauen aufweisen. Ab 80-Jährigen ändert sich das. Warum ist das so?Antwort:Es trifft nicht zu, dass überachtzigjährige Frauen eine höhere Sterblichkeit als Männer der entsprechenden Altersgruppen aufweisen.Betrachtet man die absoluten Todesfälle im Geschlechtervergleich, so trifft es zwar zu, dass ab der Altersgruppe der Überachtzigjährigen bei Frauen mehr Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gemeldet wurden als bei Männern (in absoluten Zahlen!). Bei den Unterachtzigjährigen sind den jeweiligen Altersgruppen mehr Männer als Frauen gestorben (mit Ausnahme der Altersgruppe 0-9 Jahre, in der es nur einen (weiblichen) Todesfall gab).Will man allerdings die Sterblichkeit betrachten, muss eine Gewichtung der Todeszahlen zu einer relevanten Grundgesamtheit vorgenommen werden. Eine solche Gewichtung ist beispielsweise mittels der sogenannten Fallsterblichkeit möglich, in dem die Todesfälle in Relation zu den jeweiligen Fallzahlen gesetzt werden:
  • -Anhang 1 unten-
  • Aus der Tabelle kann abgelesen werden, dass die Fallsterblichkeit der männlichen Infizierten in den jeweiligen Altersgruppen deutlich höher ist als die der weiblichen Infizierten. Überachtzigjährige Männer weisen also sogar eine höhere Sterblichkeit als Frauen im entsprechenden Alter auf. Die höheren Fallzahlen bei den hochaltrigen Frauen dürfte übrigens v. a. auf die entsprechende Bevölkerungsverteilung zurückzuführen sein; in diesen Altersgruppen leben noch wesentlich mehr Frauen als Männer. Aufgrund der unterschiedlichen Lebenserwartung - derzeit 78,6 Jahre für Männer und 83,4 Jahre für Frauen in Bayern - verändert sich die Verteilung der verstorbenen Männer und Frauen mit zunehmenden Lebensjahren. Dies ist auch in der folgenden Grafik erkennbar, die die Letalität bezogen auf die gemeldeten Erkrankungsfälle bei Männern bzw. Frauen darstellt. Dabei zeigt sich ein kontinuierlich erhöhtes Sterberisiko für Männer (die x-Achse ist in Lebens-Dekaden eingeteilt; die Nummer 10 steht für 90+):Die scheinbare Umkehr bei den Todesfällen ergibt sich aus der demographischen Verschiebung in Folge der unterschiedlichen Lebenserwartung von Männern (78,6 Jahre) und Frauen (83,4 Jahre).Ab dem 60. Lebensjahr nimmt der Anteil der Frauen in der Gesellschaft von 51,6% bis auf 67,6 % bei über 85-jährigen zu.
Spielen die Blutgruppen bei einer Infektion eine Rolle? Stecken sich Menschen mit der Blutgruppe A häufiger an als mit der Blutgruppe 0?
  • Antwort: Mehrere Studien deuten darauf hin, dass die ABO-Blutgruppe einen Einfluss auf das individuelle Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2 haben kann. Dies betrifft sowohl die Wahrscheinlichkeit, sich zu infizieren, als auch die Schwere der Symptome. Die Studien zur Blutgruppe als Risikofaktor für eine COVID-19-Erkrankung zeigen allerdings keine einheitlichen Ergebnisse und werden noch intensiv diskutiert.Welche Faktoren im Einzelnen dazu beitragen können, dass die Blutgruppe eine Rolle bei Infektion und Verlauf spielen, ist nicht geklärt. Hier besteht weiter Forschungsbedarf.


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