Hier die Haushaltsrede unserer JU-Stadtratsfraktion im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,
sehr geehrte Damen und Herren,
Ich darf mich heute das erste Mal auch als Fraktionsvorsitzender zu Wort melden und freue mich, dass wir trotz widrigster Umstände heute einen Stadthaushalt für 2021 vorliegen haben. Der Dank dafür geht, wie heute schon mehrmals erwähnt, an das Team der Kämmerei um unseren neuen Kämmerer Herrn Zenger und unseren stv. Kämmerer Herrn Bischoff.
Als JU-Fraktion ist uns bei einem Zahlenwerk wie diesem vor allem die Generationengerechtigkeit wichtig. Und Generationengerechtigkeit heißt zunächst: In der Gegenwart mit Ressourcen sparsam umgehen und die vorhandenen Mittel in die Zukunft investieren! Also: Laufende Kosten runter, Investitionen nach oben! Das gilt auch und insbesondere in dieser beispiellosen Krise, in der sich unser Land gerade befindet, und spiegelt sich deswegen in dem Antragspaket, dass wir gemeinsam mit der CSU-Fraktion erarbeitet haben, wieder.
Bei vielen Investitionen arbeiten wir im Stadtrat überparteilich zusammen und packen 2021 viele wichtige Dinge an, sei es Kindergärten oder Schulen, oder die Freiwillige Feuerwehr. Bei solchen Pflichtaufgaben gibt es parteiübergreifenden Konsens, was auch gut so ist.
Konsens gibt es auch bei anderen Investitionsförderungen: Sei es das CO2-Minderungsprogramm, dass stetig ausgebaut wird oder unsere Vereinsförderung. Das finden wir gut.
Gleichzeitig wollen wir aber auch wieder mehr Augenmaß wahren. Wenn die Naivität und vielleicht auch der Hochmut vergangener Jahre uns jetzt zu Rettungsmaßnahmen für Vereine führt, die den Herzogenauracher Steuerzahler siebenstellige Summen kosten wird und wir gleichzeitig ohne entsprechende Förderung glauben der Familie mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 35.000€ und dem Hauspreis von 580.000€ noch einmal 20.000€ an KfW40- und Solardachpflicht aufbürden, dann geraten aus unserer Sicht die Dinge aus dem Lot. Denn wenn hier keine junge Familie mehr Wohnraum findet, bringt auch die größte Vereinsanlage nichts.
Bei den Investitionen zeigt sich aber auch im Jahr 2021 nun, was bisher schon oft kritisiert wurde: Bei den Großvorhaben fehlt uns der Masterplan. Denn weder gibt es eine festgelegte Reihenfolge, noch wurden unsere Bauprojekte bisher umfangreich aufeinander abgestimmt. Da wird mal eine Stadthalle angekündigt, umfangreiche Bürgerbeteiligung angestrebt, ein „Begleitkreis“ installiert und dass alles war 2015 mit den Worten, es würde sechs, sieben Jahre Vorlaufzeit benötigen (NN vom 21.05.2015). Die CSU hat damals schon angemerkt, dass das nicht zu schaffen sein wird, aber man hat uns nur belächelt, denn, ich zitiere, „man habe ja 60 Mio.€ in der Rücklage“ (NN vom 21.05.2015). Anschließend will man gleich ganz groß raus und plant das Rathaus und das Hubmannareal gleichzeitig: Schlussendlich wird der Bürgerprotest so groß, dass man einlenken muss. Dann merkt man: Die Sportvereine benötigen mehr Hallenkapazitäten und glaubt, man könne dieses Problem mit einem Turnzimmerchen an der Realschule lösen. Wieder 5 Jahre später und eine hauptamtliche Koordinierungsstelle mehr, merkt man: Das wird auch nichts, also lässt man eine Dreifachturnhalle planen. Jetzt kommt zu den hausgemachten Problemen noch eine richtige Krise dazu und wir sehen: Nix gibt’s! Vor 2030 hat diese Stadt keine Stadthalle, keine Turnhalle und keinen Bürgersaal und nur das Vereinshaus, quasi der Zombie unter den Stadthallen. Manchmal erinnert mich die Situation des Bürgermeisters an den Zauberlehrling: Zu viel auf einmal gewollt: „walle, walle, dass das Geld nur fließe“ und nun steht er in der Krise da: Die Geister, die er rief, die wird er nicht mehr los! Wir würden uns wünschen: Ehrliche Planungen, bestenfalls im Zeit- und Kostenrahmen, klar kommunizierte Prioritäten und keine Ankündigungen mehr!
Wenigstens unsere Infrastrukturinvestitionen können wir weiterhin voranbringen: Aber auch da, weiß man ja nicht immer, was der Bürgermeister will. Südumfahrung wollte er natürlich nicht, musste er dann aber wollen, Aurachtalbahn wollte er genauso wenig, muss er jetzt aber prüfen. Gut, dass es CSU & JU in der Stadt und im Stadtrat gibt, sonst würden sämtliche Großvorhaben entweder am Unwillen des Bürgermeisters oder der Verhinderungspartei par excellence, den Grünen, scheitern. Und wenn wir bei schon der Infrastruktur sind, vergessen wir bitte nicht die Infrastruktur unter der Erde: Während wir bei den Kanalsanierungen jetzt einen guten Plan haben, erscheint uns als JU-Fraktion der Glasfaserausbau immer noch zu lasch geplant. Da wollen wir mehr Tempo! Wenn die Telekom in Herzogenaurach jetzt deutlich schneller ausbauen will, dann müssen wir als Stadt und HerzoMedia reagieren und so unseren Vorsprung wahren.
Aktuell sind wir in einer Krise, für die niemand etwas kann und müssen uns in der Finanzplanung umorientieren. Auch was die Kosten innerhalb der Stadtverwaltung angeht. Es ist genau das eingetreten, wovor viele die letzten Jahre immer gewarnt haben: Die prognostizierte Gewerbesteuereinnahmen liegen erstmals unter den Personalkosten. D.h. unsere größte Einnahmequelle deckt nicht einmal mehr die Personalkosten, geschweige denn alle anderen laufenden Kosten. Deswegen sind wir jetzt in der Not zu konsolidieren und Schwerpunkte richtig zu setzen:
Ich will die Kritik an der Rasenmähermethode von Walter Drebinger gleich aufgreifen und dazu nur sagen, dass man der neu aufgestellten Kämmerei keinen Vorwurf machen kann. Allerdings kann es zum einen nicht sein, dass wir in einer solchen Krisenzeit bisher nur in Überschussbereichen einzelner Budgets sparen. Zum anderen mussten wir im Rahmen der Haushaltsberatungen auch vermehrt feststellen, dass Verrechnungs- und Vergleichswerte z.B. dem neuen Personalstand nicht angepasst worden sind. Dafür trägt aber natürlich ein Bürgermeister auch Verantwortung, der das anscheinend jahrelang hat durchgehen lassen. Kombiniert mit den laxen internen Vorschriften zu Deckungsringen und Querfinanzierungen verkommt ein Haushaltsplan zumindest in seinen Details zur Makulatur, Herr Bürgermeister. Klar wundert man sich in finanziell gut gepolsterten Zeiten nicht weiter, aber die Tatsache, dass die Budgets der Ämter so gut gestrickt sind, dass eigentlich nie, auch nicht in Krisenzeiten, eine außerplanmäßige Haushaltsausgabe notwendig war zeigt, dass konsequente und enggeführte Haushaltsplanung bisher nicht das Forté des Bürgermeisters waren.
Die Personalkosten steigen weiterhin in bisher unerreichte Höhen. Als ich vor sechs Jahren den ersten Stadthaushalt mitberaten durfte, hat die Stadt gerade so die 10 Mio.€ Hürde gerissen, jetzt sind wir bei 15. Mio €. Das sind 50% Personalkostensteigerung in sechs Jahren. Gleichwohl schieben wir die Haushaltsausgabereste, sie waren heute ja bereits Thema, vor uns her. Aber stellen wir das Personal wirklich an den richtigen Ecken ein? Wo sind die Neueinstellungen im Bereich der Gebäudewirtschaft, der Planung, des Hochbaus? Sicherlich ist es immer so, dass jede einzelne Stelle ihre Begründung hat, auch ein Streetworker erscheint mir dem Grunde nach sinnvoll, von IT-Stellen und Tiefbauingenieuren ganz zu schweigen. Aber die Gesamtentwicklung kann uns nicht zufriedenstellen, vor allem wenn wir sehen, dass in den nächsten Jahren große Probleme auf uns zukommen werden: 120 Mitarbeiter von unseren 300 sind über 55, gleichzeitig haben wir zwei Azubis. Ist das gute Personalplanung, die vorausschauend versucht Personalweggang zu kompensieren?
Aber personaltechnisch lassen wir ja sowieso ein annus horribilis, ein Schreckensjahr, hinter uns, sodass es ja nur noch besser werden kann: Zwei Strafverfahren wegen Untreue, zaudern & zögern bei den darauffolgenden Entscheidungen, dazu fehlende Kommunikation mit Mitarbeitern, die manchen betroffen zurücklässt. Eine Sonderprüfung, die erst von uns erzwungen werden musste. Ich wünsche nicht nur dem Bürgermeister, sondern auch uns allen, dass sich so etwas nicht mehr wiederholt und man aus Fehlern lernt.
Die laufenden Kosten müssen wir senken, dazu liegt ja auch ein Vorschlag von uns vor. Ich hoffe aber auch, dass der Bürgermeister innerhalb der Verwaltung bessere Schwerpunkte setzt. Ob es wirklich klug ist, eine Online-Herzomarkt-Plattform Monate liegen zu lassen, wenn im Juli 2020 alles klar war und wir dann im November 2020 erst etwas beschließen können? Ob es richtig ist, gerade im Schicksalsjahr für den Einzelhandel bei der Förder-und Werbegemeinschaft Geld einsparen zu wollen? Aber hey, dafür gab es ein neues Stadtbuch, sicherlich etwas, auf das alle gewartet haben, nachdem es bei der letzten Auflage ein so großes Aufsehen darum gab. Wenn die Gestaltungsmehrheit nur noch mit Appellen zur Außenpolitik und zur Weltlage regiert, anstatt konkrete Dinge für die Bürger zu verändern, statt konstruktive Vorschläge zu verhindern, dann werden Schwerpunkte auch politisch falsch gesetzt.
Zurück aber zu den Kosten: Laufende Kosten kann man auch senken, indem man bestehende Strukturen in Frage stellt: Ich spreche da z.B. über unsere städtischen Konzernstruktur, bspw. auch die HerzoGastro GmbH, die mittlerweile ihren Zweck von einst verloren hat und uns nur zusätzliches Geld kostet. Für die Zukunft sollten wir auch die Struktur der IT-Landschaft überdenken, wenn es um die bald benötigten „digitalen Hausmeister“ an den Schulen geht. Können wir das alleine stemmen oder sollten wir mit vielen anderen Gemeinden und dem Landkreis dort eine Kooperation eingehen? Wie schaut es bei der Stadtentwässerung und den Herausforderungen bei der Klärschlammentsorgung aus? Ein weiteres Thema, bei dem sich das große Herzogenaurach nicht zu schade sein sollte mit anderen Kommunen zu kooperieren.
Ich möchte zum Schluss kurz noch einmal auf die uns sehr am Herzen liegende junge Generation zu sprechen kommen:
Die junge Generation bekommt dieses Jahr mit dem Jugendparlament endlich ein lang ersehntes Sprachrohr. Schön, dass die Grünen und Teile der SPD Ihre jahrelange Ablehnung letztes Jahr dort aufgegeben haben. Gleichzeitig müssen wir uns um mehr Aufenthaltsmöglichkeiten und Treffpunkte im Freien kümmern, die junge Leute, gerade in Home Schooling und Corona-Zeiten so dringend brauchen. Wenn ich mir da aktuelle Konflikte an Spielplätzen beispielsweise auf der HerzoBase anschaue, dann müssen wir da mehr Möglichkeiten schaffen. Morgen ist Jugendkonferenz, da wird es sicherlich auch hierzu Aussagen der Jugendlichen geben.
Die junge Generation, dass sind aber nicht nur die Jugendlichen, sondern auch die 20- und Anfang-30-jährigen, die vielen, die in der „Rush Hour“ des Lebens hängen, und Job, Familiengründung, Wohnungs- oder Hausbau und bestenfalls Ehrenamt gleichzeitig hinbekommen wollen. Die Bildung von Eigentum, ich habe es schon erwähnt, wird hier zur zentralen Frage einer Generation. Sind wir in Herzogenaurach der Meinung, dass wir jeder Generation die Chance auf ein trautes Heim und einen kleinen Wohlstand zubilligen wollen? Eins ist sicher, mit noch mehr Vorschriften und höheren Kosten, daneben flächenfressende TinyHouses von den Grünen wird es nicht gelingen. Wir müssen uns endlich konsequent bestehende Bebauungspläne vornehmen und diese ändern, damit jeder die Chance hat, davon auch zu profitieren. Das ist übrigens auch gelebter Klimaschutz: Nicht die Neubauten, die die Gestaltungsmehrheit weiter verteuern, sind die Herausforderung zur Klimaneutralität, sondern die knappe Sanierungsquote! Erlauben wir ein Stockwerk mehr oder ein Austragshaus für die Eltern bzw. Großeltern, auf großen Grundstücken in Zukunft generell, so wird auch der Bestand schneller saniert. Die Nachverdichtung im Einzelfall ist Sprengstoff für eine Stadtgesellschaft. Wir brauchen hier umfassendere Planungen. Auch wenn manche ihnen Nachweinen, natürlich sind die Zeiten, in denen wir auf 1000m2 Garten-Grundstücken in Herzogenaurach wohnen, vorbei. Das weiß besonderes unsere Generation, weil sie es sich schlichtweg nicht mehr leisten kann. Aber im Gegensatz zu den Grünen wollen wir Einfamilienhäuser nicht verbieten oder die Stadt in einen Campingplatz mit Tiny-Houses verwandeln, sondern die Chance auf echtes Eigentum in der Heimat weiter hochhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das letzte Jahr war politisch von vielen Herausforderungen, manchen Enttäuschungen und aber auch von ein paar freudigen Entwicklungen geprägt. Als Junge Union wollen wir, wie alle von uns, Herzogenaurach als lebens- und liebenswerte Stadt erhalten und werden uns hierzu auch weiterhin streitbar und pointiert einbringen. „Ein Abend, an dem sich alle Anwesenden völlig einig sind, ist ein verlorenere Abend“, hat Einstein gesagt. In diesem Sinne, auf gute Diskussionen!