20.07.2023

Die Bundeswehr hat mehr Unterstützung verdient

Verteidigungspolitischer Sprecher Florian Hahn zu Gast bei gemeinsamer Veranstaltung von CSU und JU

Die Junge Union besichtigte kürzlich gemeinsam mit dem Außen- und Sicherheitspolitischen Arbeitskreis (ASP) der CSU im Berchtesgadener Land sowie den CSU-Ortsverbänden Bad Reichenhall und Schneizlreuth die Niederlassung der Firma Rheinmetall in der Fronau. Der Besuchergruppe schloss sich zudem der Internationale Sekretär der CSU und Verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion Florian Hahn (MdB) an, der im Rahmen einer Wehrübung am Bundeswehrstandort in Bad Reichenhall zugegen war. Die Teilnehmer erfuhren viele interessante Fakten über die Tätigkeit des Unternehmens in der Region und konnten sich selbst ein Bild davon machen, welche hochkomplexen technologischen Entwicklungen im Bereich der Verteidigung dort aktuell vorangetrieben werden. Dabei wurde deutlich, dass Rheinmetall Defence in der Region ein sehr attraktiver Arbeitgeber ist, der insbesondere auf stabile, langfristige Beschäftigungsverhältnisse setzt und daher in besonderer Weise die heimische Bevölkerung anspricht.

Nach einer kurzen Begrüßung, in der er die Struktur der Firma Rheinmetall vorstellte, die als Konzern ihren Sitz in Düsseldorf hat, ging der Standortleiter Martin Fegg insbesondere auf den „schönsten“ Standort des Konzerns in der Fronau ein. Die Niederlassung in der Fronau gehört zur Konzerntochter Rheinmetall Waffe Munition GmbH.

Der Standortleiter erläuterte zunächst die Geschichte des Standortes im Gemeindegebiet von Schneizlreuth. Auf dem Gelände war ursprünglich ein Sitz von Radio Free Europe, der später von der Familie Buck übernommen wurde und als Fertigungsstätte bei ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit eine wesentliche Rolle spielte. Noch heute ist die Firma Buck vielen Einheimischen ein Begriff und tatsächlich trägt der Standort auch nach der Übernahme durch Rheinmetall im Jahre 1999 den offiziellen Namen „Niederlassung Buck Fronau“. Doch was geschieht dort genau? Wie Fegg erläuterte, beschäftigen sich die Mitarbeiter in der Fronau insbesondere mit der Abwehr von Gefahren, die etwa durch Raketen oder Lenkflugkörper drohen. Dann bestehen die prinzipiellen Möglichkeiten, die Gefahr selbst unschädlich zu machen (Hardkill) oder aber durch „Tarnen und Täuschen“ die Gefahr abzulenken (Softkill). Der Standort Fronau ist nun innerhalb des Rheinmetall-Konzerns das nationale Kompetenzzentrum für dieses Softkill-Schutzprinzip und dabei mit einigen Produkten weltweit der führende Anbieter. Wie so etwas geschehen kann, zeigte Fegg anschaulich durch Vergleiche mit der Tierwelt auf. So reagiert jedes Tier auf bestimmte Schlüsselreize, andere Merkmale interessieren hingegen weniger. Ebenso verhält es sich bei abgefeuerten Waffen, die selbsttätig ihr Ziel suchen: Auf manche Reize reagieren diese Systeme, auf andere hingegen nicht.

Diese Erkenntnisse hat man sich bei der Konstruktion des automatischen Täuschkörpersystems MASS zu Nutze gemacht, des Multi Ammunition Softkill System. Dieses bietet Schutz gegen moderne, sensorgelenkte Flugkörper. Wie die interessierten Besucher erfuhren, wird MASS insbesondere auf See eingesetzt, indem vor das eigentliche Ziel in sicherer Entfernung eine Art Vernebelungsmunition ausgebracht wird. Diese soll die anfliegenden Geschosse irritieren und rechtzeitig vor dem Aufschlag zum Absturz bringen. Dem herannahenden Lenkflugkörper wird also durch Vorspiegelung von Schlüsselreizen ein Ziel vor dem Ziel simuliert. Wie dies in der Praxis funktioniert, erläuterte Fegg anhand mehrerer Videos von aufgezeichneten Tests. Mit der Entwicklung von MASS hat Rheinmetall eine Schutzeinrichtung kreiert, die insbesondere in den maritimen Krisenregionen der Welt für die militärische und zivile Nutzung attraktiv ist. Es geht hierbei ausschließlich um die Abwehr von Gefahren, bei deren Realisierung eine Vielzahl an Menschenleben auf dem Spiel stehen würden. Rheinmetall findet sich dabei freilich im Wettbewerb mit anderen hochspezialisierten Unternehmen wieder, die ihrerseits versuchen, den Markt mit ihren Produkten zu versorgen. Die Käufer sind ganz überwiegend Staaten, die Rüstungsaufträge ausschreiben und dementsprechend potent sind, um sich die hochpräzisen und automatischen Abwehrsysteme leisten zu können.

Vik Kadavanich, verantwortlich für den Bereich Luft, ergänzte dazu, dass es gelungen ist die sehr anspruchsvollen Amerikaner beim Schutzsystem für die F35 vom eigenen Produkt zu überzeugen und nun den Zuschlag zur Ausrüstung der F35 mit dem Schutzsystem erhalten zu haben.

Anschließend durfte die Besuchergruppe einen Blick auf ein „echtes“ MASS-Gerät werfen, das zu Testzwecken verwendet wird. Dabei wurde erklärt, dass der Aufbau und die Funktionsweise des Geräts darauf ausgelegt sind, dem Nutzer eine möglichst einfache Bedienung zu ermöglichen. Die Anwender müssten lediglich entscheiden, ob das MASS-System zum Einsatz kommen soll, und die Freigabe erteilen. Im Einsatzfall berechnet das System aus den Daten des Schiffes, der Umgebung und des herannahenden Flugkörpers alle notwendigen Parameter selbst und sorgt binnen Sekundenbruchteilen für einen optimierten Abschuss der Ablenk-Munition. Nach deren Ausbringen ist das Nachladen der Vorrichtung durch zwei Mann in weniger als einer Minute möglich.

Bei dem anschließenden gemütlichen Teil diskutierten die Teilnehmer der Besichtigung über die vorgestellten Fakten. Insbesondere dass das Unternehmen rund 60 sichere Arbeitsplätze in der Region bietet, stieß auf positive Resonanz. Davon sind zahlreiche Beschäftigungsverhältnisse im hochqualifizieren Bereich einzuordnen. Ingenieure, Physiker, Informatiker aber auch Kaufleute sind stets gesucht und Rheinmetall wirbt zunehmend um interessierte und gut ausgebildete junge Leute aus der Region. CSU-Ortsvorsitzender Marco Trebuth bedankte sich abschließend bei allen Beteiligten für die informative Führung und hob hervor, dass vielen der Teilnehmer zuvor nicht klar gewesen sei, welche High-Tech-Lösungen für den Einsatz auf See oder in der Luft in der unmittelbaren Nachbarschaft der bayerischen Berge ausgetüftelt werden: „Auch hier zeigt sich die einzigartige Verbindung von Laptop und Lederhosen. Rheinmetall kann sich glücklich schätzen, so hochkompetente und engagierte Mitarbeiter vor Ort zu haben.“

Der zweite Teil des Besuchs von Florian Hahn war als verteidigungspolitischer Abend im Bürgerbräu Bad Reichenhall gestaltet.Der Reichenhaller CSU-Ortsvorsitzende Marco Trebuth freute sich über das rege Interesse an der Veranstaltung unter dem Titel „Neue Zeiten – Alte Kontrahenten: Was bedeutet die Zeitenwende für die Bundeswehr?“. Im Besonderen begrüßte er die beiden CSU-Listenkandidaten Franziska Böhnlein und Lukas Niederberger sowie die Vorsitzenden des ASP, Manfred Weißenberger, und der JU, Hannah Lotze. Trebuth ging in seinen begrüßenden Worten auf die Personalsituation der Bundeswehr ein. War die Bundeswehr zu Beginn der 1990er Jahre mit der Wehrpflicht noch über 400.000 Mann stark, steht sie nunmehr bei rund 181.000 Soldatinnen und Soldaten, zugleich nahmen die Einsätze und die Einsatzbelastung der Soldaten, vor allem in den letzten 25 Jahren - dem Hauptzeitraum des Personalabbaus, erheblich zu. Kein Geheimnis ist, dass die Bundeswehr in sämtlichen Bereichen dringenden Investitionsbedarf aufzeigt, gerade auch in Bezug auf die neuen Herausforderungen im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung, schloss Trebuth, mit einem zum Handeln gerichteten Appell an die Bundespolitik, seine Begrüßung.

Sodann stieg Florian Hahn in seinen Vortrag ein. Er stellte zunächst die drei großen Abhängigkeiten Deutschlands dar: In der Energieversorgung von Russland, in Wirtschaft und Handel von China und in Sicherheitsfragen von den USA. Während sich seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine die Abhängigkeit von russischem Gas deutlich reduziert habe, sei Deutschland weiterhin stark auf China und die USA angewiesen. „In den letzten zwanzig Jahren haben wir uns zu stark auf andere verlassen, jetzt erst beginnt das große Erwachen“, so Hahn. Er nahm dabei auch die eigene Partei nicht aus, die sich zu lange auf Russland gestützt habe. Jetzt gelte es, sich breiter aufzustellen, nach neuen Verbündeten zu suchen und vor allem innerhalb der Europäischen Union stärker zu werden, um als ernsthafte Größe in der Welt wahrgenommen zu werden.

Hahn sprach weiter über die großen Herausforderungen in der Bundeswehr. Mit der „Zeitenwende-Rede“ des Bundeskanzlers seien große Hoffnungen geweckt worden, dass die Bundeswehr endlich den Stellenwert erhalte, der ihr angesichts der aktuellen Lage zustehe und nicht weiter als Stiefkind behandelt werde. Aus den großen Ankündigungen sei leider nichts geworden, wie Hahn ausführt: „Vom Sondervermögen ist nur ein Bruchteil bislang ausgegeben, das Zwei-Prozent-Ziel wird erneut verfehlt und die Beschaffung neuer Ausrüstung ist schleppend wie eh und je. Das ist ein absolutes Armutszeugnis und hat unsere Bundeswehr nicht verdient.“ Angesichts dieser Politik brauche man sich auch nicht wundern, dass die Bundeswehr nicht genug neue Rekruten finde, was Hahn sehr bedauert. Immerhin ist er selbst Soldat und zurzeit auf Wehrübung im Berchtesgadener Land. Aus seiner Sicht ist die Bundeswehr ein sehr attraktiver Arbeitgeber und er könne jedem nur empfehlen, eine Grundausbildung zu absolvieren oder sich gar länger zu binden. Der Wiedereinführung der Wehrpflicht steht er allerdings skeptisch gegenüber, da sie nur einen kleinen Teil der jungen Männer verpflichten würde, was mit dem Fairness-Gedanken nicht zu vereinbaren sei. Offen ist er für eine allgemeine Dienstpflicht, bei der allerdings auch noch viele Fragen ungeklärt seien.

Die anschließende Diskussion drehte sich um Fragen des Beschaffungswesens, den gesellschaftlichen Stand der Bundeswehr und die Entwicklungen in der NATO.

Der ASP-Vorsitzende Manfred Weißenberger bedankte sich zum Abschluss für die Zeit, wünschte Florian Hahn noch eine gute Wehrübung und allen Gästen einen guten Heimweg.



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